REVOLUTIONÄRE VERMISSE TIPP

12 ALSTER-MAGAZIN NR. 07 2017 ALSTER MAGAZIN L O C A L P E O P L E ICH VERMISSE DAS REVOLUTIONÄRE! Die junge Jazz-Sängerin Cleo Steinberger tritt am 23.7. im Theater im Zimmer in Harveste- hude auf. Wir sprachen mit ihr über das Hamburger Musikleben und die Zukunft des Jazz. A lster Magazin: Schon als Kind waren Sie im Gospelchor. Bereits so jung die richtige Intuition, oder wie kam das? Cleo Steinberger: Ich habe das Glück, dass meine Eltern auch begeisterte Blues- und Jazz-Fans sind. Mein Vater spielt Blues-Gitarre und meine Mutter Klavier. Da war es nicht weit zum Gospel und so kam es, dass ich als jüngstes Mitglied in einem Gospelchor in Ahrensburg mitgesungen habe. Als ich elf Jahre alt war, waren wir mit dem Chor auf Konzertreise in den amerikanischen Städten St. Louis, Memphis und Atlanta. Der Spirit, mit dem dort in den schwarzen Kirchengemeinden gesungen wurde, hat mich total angesteckt. Das erinnert an ein Wunderkind. Inwiefern war Musik damals mit Fleiß und Ehrgeiz verbunden? Über viele Jahre eigentlich gar nicht so sehr, weil ich in der Schule immer sehr ehrgeizig in allen Fächern war. Die Musik war für mich eher der kreative Gegenpol dazu. Das habe ich einfach gemacht und lange Jahre gar nicht viel darüber nachgedacht. Sie sind für Ihr Studium in Hamburg geblieben. Was bietet Ihnen unsere Jazz-Szene, was andere Städte nicht haben? Ich habe mit meiner Familie für insgesamt ein dreiviertel Jahr in New Orleans gewohnt und dort sehr viele Jazz- Konzerte und auch Konzerte verschiedenster musikalischer Stilrichtungen auf höchstem Niveau erlebt. Als wir zurück nach Hamburg kamen, empfand ich hier im Vergleich zu New Orleans eine gewisse Leere. In den letzten Jahren hat sich die Jazz-Szene Hamburgs aber sehr gewandelt und es gibt viele gute junge Musiker mit großem Potential und auch Auftrittsmöglichkeiten. Im Vergleich bei- spielsweise zu Köln sieht die Szene in Hamburg ganz anders aus. In Köln gibt es viel modernen Jazz, aber keine so große Auswahl an unterschiedlichen Stilen wie in Hamburg. Als Musiker kann man sich hier richtig austoben. Am 1.9. erscheint Ihr Debüt- Album Let Them Talk. Ist die Produktion bereits abgeschlossen? Ja, genau. Ich bin in der Studio- arbeit noch nicht so routiniert, hatte aber mit dem Pianisten Jan Luley und seinen Kollegen eine Band, mit der nichts schiefgehen konnte. New Orleans ist meine zweite Heimat geworden, deshalb haben wir den für dort typischen Swing aufgenommen. Das Album wurde in Deutschland produziert, der Posaunist Rick Trolsen aus New Orleans hat dann in Ame- rika seinen Part ergänzt. Diesen April haben wir mit dem Posaunist Joe Wulf sechs weitere Titel aufgenommen. Zum Schluss: Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Jazz? Dass sich der Jazz auch in Zu- kunft weiterentwickeln wird, weil er immer eine Musikrich- tung war, die mit der Zeit gegan- gen ist. Ich beobachte als Studentin und Teil der jungen Jazz-Generation, dass wir den früheren Stilen nacheifern. Daran ist nichts auszusetzen, denn wer diese Musik spielen will, braucht das Wissen über die Stilentwicklung. Aber ich vermisse ein wenig das Revolutionäre, also Musik, die sich mit der Gegenwart auseinandersetzt. ww TIPP CLEO (Gesang) & Jan Luley (Klavier) New Orleans Swing. 23.7., 18 Uhr, Theater im Zimmer, Alsterchaussee 30. Karten: 20 an der Abendkasse, 16 VVK unter Tel. 44 88 44 oder kartentheater-im- zimmer.de Am 1.9. erscheint Cleos Debüt CD Let Them Talk. Sie kann im Theater im Zimmer vorab erworben werden. CLEO trat als erste deutsche Sängerin bei der Eröffnungsgala des Jazz and Heritage Festival New Orleans auf. Fo to s: R un a H an se n