Wahlversprechen KOLUMNE andere

ALSTERTAL MAGAZIN | 3 KOLUMNE V O N W O L F G A N G E . B U S S Wahlversprechen und andere Lü- gen heißt ein Fernsehfilm aus der Reihe Rosamunde Pilcher. Wie kom - men die Autoren ausgerechnet auf diesen Titel? Wir alle haben noch genau ein Jahr Zeit, um unseren individuellen Mei - nungsbildungsprozess abzuschlie- ßen und zu entscheiden, wer der/die Richtige ist, um als Regierungschef Deutschland in die Zukunft zu füh - ren. Und um uns bei dieser Wahlent - scheidung zu unterstützen, haben die Parteien die Wahlversprechen erfunden. Vor uns liegt also die Zeit der immer gleichen Sprechblasen, die wir aus den vergangenen Jahren schon fast auswendig aufsagen können: Bessere Bildung, mehr Polizisten auf die Straße, mehr Kitaplätze, mehr Wohlstand für alle, mehr Wachstum und Beschäftigung, höhere Renten, Frieden für alle, naja, eben der bunte Strauß. Die Wahlkampfthemen werden vermutlich die gleichen sein wie 2013. Mit einem bisher fatalen Nebeneffekt: Die Wahlbeteiligung sinkt kon - tinuierlich. Das Vertrauen hat die Politik bei vielen verspielt. In den vergangenen zwölf Monaten gab es die deutlichste Abweichung zwischen Wahlversprechen und realer Politik. Das hat manchen empört : Stellen wir uns vor, die Kanzlerin hätte zu ihrer 3. Amtszeit versprochen, mehr als eine Million Migranten großenteils illegal oder mit gefälschten Identitäten ins Land zu lassen. Das Versprechen der CDU lautete seit den Jahrzehnten stattdessen ganz anders: Schnellere Abschiebungen, strengere Aufnahmebedingungen, stärkere Integrationspflicht . Jetzt wird die Kanzlerin dafür verantwortlich gemacht, kaum jemanden ab - geschoben zu haben. Eine Spaltung der deutschen Gesellschaft war die Folge. Und der Stern von Angela Merkel sank . Kanzlerdämmerung? (Lesen Sie dazu Seite 34) Plötzlich nun, um die Wahl 2017 nicht zu verlieren, unterscheidet die Kanzlerin ganz aktuell zwischen legalen und illegalen Flüchtlingen . Ein deutlich rigiderer Umgang mit Migranten kündigt sich an. Die Erklärung dazu ist naheliegend: Der enttäuschte Wähler entdeckte die AfD. Und nicht etwa deren verquaste Politik ist gewünscht , sondern deren Protest-Effekt . Die innere Wut über die Zustände. Fußballschieds - richter nutzen die rote Karte der deutsche Wähler die AfD. Dass ausgerechnet diese Partei auch die gesunkene Wahlbeteiligung wieder steigen lässt, verwirrt die politischen Wissenschaftler. Gehen die Leute nur in die Wahlkabine, um ihre rote Karte abzugeben? Und plötzlich rächen sich die vielen nicht eingelösten Wahlversprechen. Während es sich die Königstreuen Medien einfach machen und auf den eigentlich dumpf-rassistisch und ausländerfeindlichen Deutschen eindreschen und ihre Leser wie Zuschauer beschimpfen, bahnen sie einen weiteren fatalen Weg: Sie verstärken den Jetzt-erst-recht-Effekt in der Wahlkabine. Umso diabolischer die AfD beschrieben und angeprangert wird, desto besser eignet sie sich als Protest und rote Karte! Wer also nicht in Bürgerbegehren und Volkentscheide flüchten möchte, wählt mit der roten Karte. So ist ein demokratisches Regulativ entstanden, so bitter es für manchen scheinen mag. Vertrauen schaffen wäre die Antwort auf den misstrauischen Wähler von den großen Alt-Parteien. Und: Allen Sorgenträgern sei ein Blick in die bundesrepublikanischen Wahlstatistiken empfohlen. Niemals hat es eine Protestpartei geschafft, mehr als Regulativ zu sein. Schill-Partei, Statt-Partei, NPD, DFU, KPD, KPDML: Alles Rohrkrepierer. Ihre Wahlversprechen waren sogar noch abstruser! Wahlversprechen