Warum nicht ehrlich

26 | ALSTERTAL MAGAZIN MAGAZIN nicht ehrlich? Gegen Bürgerinitiativen und Interessengruppen ist nichts zu sagen, auch wenn sie primär eigennützigen Zwecken dienen. Problematisch jedoch ist der Trend , diese Absichten hinter vorgeschobenen gemeinnützigen Fassaden zu verstecken, findet der stellvertretende Chefredakteur Christian Luscher . Pferdebesitzer, die ihr Tier in Tangstedt untergestellt haben, möchten die dort geplante Pferdesteuer von 150 Euro pro Jahr nicht bezahlen. Kann man ver- stehen, zumal Nutzen und Zustandekommen der Steuer auf mehrere Weise sehr fragwürdig sind. Wofür ich allerdings weniger Verständnis habe, ist ihr Vorgehen, um für dieses doch eher minderhei- tenbezogene Ärgernis mehr Publicity zu generieren. Der Grund, warum sie gegen die Steuer sind, ist nämlich nicht etwa, dass sie ihre sauer verdienten 150 Euro lieber behalten wollen. Ebenso geht es auch nicht darum, ob sie sich die Abgabe überhaupt leisten können. (Wie ein SPD-Politiker etwas unglücklich formulierte: Wer ein Pferd besitzt und sich die Pferde-Steuer nicht leisten kann, hat ein ganz anderes Problem.) Nein, der Grund liegt an Frauendiskriminierung! Na klar! Da nämlich die Mehrzahl der Pferdebesitzer weiblich seien, so die Argumentation, sei das grundgesetzlich garantierte Gleichbehandlungsgebot verletzt. Flugs wandten sich die Pferdefreundinnen, die bis dahin nicht unbedingt als, äh, Vorreiterinnen des Feminismus in Erscheinung getreten waren, an die Antidiskrimi- nierungsstelle des Bundes, gaben zusätzlich ein verfassungsrechtliches Gutachten in Auftrag und machten medial viel Tamtam über diese Ungeheuerlichkeit. Die Geschichte könnte als lokaler Einzelfall belächelt werden, wäre es nicht so, dass man immer häufiger sieht, wie bei vorrangig aus Eigennutz motivierten Bürgeranliegen (gegen die, ich wiederhole, auch gar nichts zu sagen ist) gleich das ganz große gesamtgesellschaftliche Fass aufgemacht wird. So hätten etwa auch die Kleingärtner im Hebebrandquartier, deren Gärtchen durch Wohnungsbau bedroht wurden, ihr Anliegen ein- fach als Wir möchten unsere Schrebergärten nicht verlieren bezeichnen können. Ihre Forderungen wären dadurch nicht weniger gerechtfertigt. Aber nein, stattdessen betiteln sie ihr Projekt als Eden für Jeden obwohl es natürlich vorrangig um ihr eigenes Eden geht und nicht um die Not derjenigen, die vielleicht in Hamburg händeringend bezahlba- ren Wohnraum suchen. Oder ein anderes Beispiel: Die Vereine, die möchten, dass weniger Flüchtlinge nach Lemsahl-Mellingstedt oder Klein Borstel kom- men, nennen sich nicht etwa Weniger Flüchtlinge nach Lemsahl-Mellingstedt, sondern Lebenswertes Lemsahl- Mellingstedt bzw. Lebenswertes Klein Borstel. Hört sich nur im ersten Moment positiv an welcher Unmensch könnte schon etwas gegen ein lebenswertes Klein Borstel haben? Wenn man darüber nachdenkt, merkt man aber die unangenehme Implikation, die Anwesenheit von Ge- flüchteten würde die beschaulichen Stadtteile nicht mehr lebenswert machen. Die war vielleicht nicht so beabsichtigt, wurde aber zumindest in Kauf genommen. Ähnlich entlarvend auch das Logo von Lebenswertes Lemsahl-Mellingstedt. In einer Reihe sieht man da Hand in Hand dreizehn gezeichnete Personen. Zwölf von ihnen sind weiß und bei einem kann man mit viel gutem Willen eine gaaanz leichte Urlaubsbräune ausmachen. Das spricht Bände und zeigt: So sehr man sich bemüht, die eigenen (vielleicht sogar gerechtfertigten) Absichten zu verhüllen, irgendwie scheinen sie doch durch. Warum dann solche Nebelkerzen? Wieso nicht lieber gleich ehrlich sein? Von der Politik verlangen wirs doch auch! Christian Luscher Interessengruppen sollten ihre Interessen ehrlicher ausdrücken, meint Christian Luscher. Warum