sagt eine weibliche
14 HAMBURG WOMAN people nicht, kann eine nachhaltige Neuausrichtung nicht gelingen. sagt eine weibliche Führungskraft. Hätten wir mehr Frau- en in Führungspositionen, würde sich das auf die Unterneh- mensethik auswirken? Frauen hätten doch ganz bestimmt sol- che Skandale verhindert. Ob der Skandal mit einer stärkeren Besetzung von Frauen in Füh- rungspositionen verhindert worden wäre, kann keiner sagen. Aber den ersten Teil ihrer Frage kann ich mit einem klaren Ja beant- worten. Wir alle wissen: Frauen können eine Unternehmenskul- tur nachhaltig beeinflussen. Sie arbeiten stärker inhaltsorientiert, agieren meist weniger Macht- und Statusbewusst. Sie orientieren sich eher am Reiz einer Aufgabe und fokussieren sich dann darauf, wie sie diese am besten mit ihrem Team umsetzen können. Dabei agieren sie recht pragmatisch und achten auf faire und nachhaltige Prozesse in der Organisation. In ihrem Führungsverständnis erle- be ich viele Frauen auch mutiger als Männer. Letztlich ist Leader- ship aber eher eine Frage der Persönlichkeit und der eigenen Werte als des Geschlechts. Sie sind nicht so Testosteron gesteuert, was vielleicht viele die- ser Skandale ausgelöst hat? Die Kultur einer Organisation prägt die Menschen und ihr Verhal- ten. Zu dieser Kultur tragen wir alle bei, durch unser Tun oder Un- terlassen. Viele von uns haben aber die Erfahrung gemacht, dass der Umgang mit Frauen und Männern in Gremien ein anderer ist, als in einer homogenen Gruppe. Das gilt übrigens für beide Geschlechter gleichermaßen. Vielfalt verändert die Dynamik. Woran liegt es eigentlich, dass wir immer noch zu wenige Frauen in Führungspositionen haben? Für mich zählen verschiedene Faktoren als Ursachen. Wir brauchen Veränderungen auf drei Ebenen: Erstens auf der Ebene des Einzel- nen Frauen wie Männer, zweitens auf der Ebene der Unterneh- men und drittens müssen einflussreiche Stakeholder in der Gesell - schaft zu den notwendigen Veränderungen beitragen. Fangen wir einmal bei den Frauen als den direkt Betroffenen an. Es ist wichtig, dass Frauen ein klares Bekenntnis zu Beruf und Familie für sich selbst definieren. Das ist auch heute nicht immer der Fall. Erstaunlicherweise finden wir gerade bei jungen Frauen immer noch oder schon wieder die Einstellung einer Art Wahlfreiheit zwi- schen Beruf und Familie, obwohl die Versorgerehe und alle damit verbundenen rechtlichen Rahmenbedingungen längst der Vergan- genheit angehören. In der Gesellschaft ist akzeptiert, dass Frauen eine gute Berufsausbildung haben, aber nicht unbedingt in den Beruf zurückkehren. Das fordert seltsamerweise auch niemand ein, obwohl wir auf die gut ausgebildeten Frauen nicht verzichten kön- nen und es volkswirtschaftlich absoluter Wahnsinn ist. Wir inves- tieren in junge Frauen, in ein Studium oder eine gute Ausbildung und dann wird alles sozusagen ad Acta gelegt. Und im Rentenalter wundern wir uns dann über die verstärkte Altersarmut bei Frauen, die wegen der Kindererziehung überwiegend in Teilzeit gearbeitet haben oder überhaupt nicht. Zweitens: Unsere Männer sind ganz besonders gefordert, wenn wir eine Veränderung der Ver- hältnisse erreichen wollen. Was heißt das? Im Rahmen einer echten Partnerschaft müssen sie zu Hause mehr Verantwortung übernehmen. Das ist eine wich- tige Grundvoraussetzung. Denn die beste Unterstützung im Un- ternehmen nützt nichts, wenn sie zu Hause fehlt. Heute über- nehmen Frauen zu Hause immer noch den Großteil der Haus- und Kinderarbeit, gleich ob sie in ei- ner Führungsposition sind oder nicht. Kein Wunder, dass sie weniger Zeit und Lust haben, in eine berufliche Entwicklung zu investieren oder es kräftemäßig einfach nicht schaffen. Gepaart mit einer Mentalität in den Unter- nehmen, die Karriere in Teilzeit ausschließt, die virtuelles Arbeiten nur ausnahmsweise ermöglicht und in der Männer, die sich mehr um ihre Familie kümmern möchten, schräg angeschaut und als kar- riereunwillig abgestempelt werden, ist es für beide Geschlechter schwierig, neue Rollen einzunehmen. Daher sind die Männer, die in der Unternehmensverantwortung stehen, ganz besonders gefordert, die Unternehmenskultur in der gewünschten Richtung zu öffnen. Drittens: Wichtige, meinungsbildende Stakeholder in der Gesell- schaft müssen die notwendigen Veränderungen verstärkt einfor- dern. Das einzige Land der Welt, welches das Wort Rabenmutter kennt, ist Deutschland. Warum sind wir nicht begeistert von jungen Müttern, die eine tolle Ausbildung haben, die es auf sich nehmen, eine berufliche Entwicklung zu durchlaufen, und sich gleichzeitig um ihre Kinder kümmern? Warum spornt uns das nicht zu Lobes- hymnen an? Und was hindert unsere Männer daran stolz zu sagen, meine Frau kann was, meine Frau erreicht was und gemeinsam küm- mern wir uns um die Familie. Zusammen mit Politik, Schulen und Medien müssten die heutigen Lebensrealitäten und -wünsche viel stärker abgebildet und unter- stützt werden. Steuerliche Rahmenbedingungen gehören ebenso auf den Prüfstand wie die Zusammensetzung von Besetzungsgre- mien und die Prozesse zur Berufswahl. Medien, die die Verantwor- tung der Männer für die Familie als etwas Selbstverständliches in den Fokus rücken und so notwendige Veränderungen maßgeblich beeinflussen. Unternehmensführer und Personal-Verantwortliche klagen, die Menschen fragen mehr und mehr nach Work-Life-Balan- Unsere Männer sind ganz besonders gefordert, wenn wir eine Veränderung der Verhältnisse erreichen wollen. Unser Arbeitsleben sollte zukünftig viel stärker an Lebensphasen orientiert sein. Was ist verwerflich daran, wenn beide Partner 3 oder 4 Tage pro Woche arbeiten und sich in der restlichen Zeit um die Familie kümmern.