Meine Klavierhände gesellschaft

gesellschaft Meine Klavierhände Körpersprache mal anders. E rst als Erwachsene habe ich angefangen, Klavier zu spielen. Ich habe eine tolle Lehrerin, die mir über die typischen Erwachse- nenschwierigkeiten hinweg gehol- fen hat. Ich soll mich mit meinen Händen und Fingern unterhalten. Häufig wissen die Finger schon ganz genau, wohin sie sollen und was sie zu tun haben, während mein Gehirn noch rätselt. Wäh- rend Kinder einfach intuitiv spie- len und ihre Hände und Finger machen lassen, ist uns Erwach- senen einfach unser Verstand im Weg. Meine Klavierlehrerin er- klärte mir, freundlich zu meinen Fingern zu sein. So mögen sie sich gern weit spreizen, ob es nun so gedacht ist oder nicht. Der linke kleine Finger zappelt gerne rum und manchmal sind sie allesamt zu faul sich zu bewegen. Viel- leicht machen sie gerade Yoga und wollen nachspüren. Ich bin also nicht wütend oder enttäuscht, wenn mir was nicht so gut gelingt, sondern versuche herauszufinden, was denn los ist. Da- bei behandle ich die Finger und auch als ganzes die Hände wie kleine eigene Persönlichkeiten. Statt also alles hinzuschmeißen, versuchen wir herauszufinden was denn so gehen kann. Mir geht es einfach besser, wenn ich meine inneren und äußeren Körperteile bei Bedarf personifiziere. Was, Knie, heute wieder zickig?. Eine Diskussion mit meinem Knie verliere ich übri- gens immer. Aber wenn ich auf das Knie eingehe und nett und freundliche zu ihm bin, gibt es gute Chancen, dass es fröhlich vor sich hin biegend den Tag verbringt. Meine Augen brennen. Was ist denn heute mit Euch los? Und müsst Ihr immer alles zu- sammen machen? Die Antwort lässt auf sich warten. Aber ich denke mir, sie würden sagen: Allerdings, wir machen fast alles zusammen. Was willst Du schon dagegen tun? Und wir brennen, weil uns Sonnencreme reingelau- fen ist, das mögen wir überhaupt nicht. Meine Füße werden aus den High Heels befreit. Die jubeln und schnurren ganz eindeutig. Und ich frage das nächste Mal, ob es denn bis zum Bäcker okay wäre, mit den hohen Absätzen? Ich arbeitete mit Bildern, wo- durch ich mich leichter mit mei- nem Unterbewusstsein verbinden kann. Es ist ein Weg, die Kontrolle abzugeben und auf meinen Körper zu hören. In vielen Therapien werden solche begleiten- den Visualisierungen benutzt, um zum Beispiel einen besseren Heilungserfolg zu ermöglichen. Oder auch um komplizierte Ab- läufe im Inneren zu verdeutlichen.. Und mehr Verständnis für die inneren Vorgänge zu haben. Auch Entspannungstechniken arbeiten häufig mit Bildern. Ob nun Autogenes Training oder Meditationsformen, sie arbeiten mit Bildern. Nun meditiere ich nicht, wenn ich mit meinem Knie spreche, aber es sind kurze Entspannungsmomente, die mir ermöglichen, Schwierigkeiten aufzulösen oder zumindest damit umgehen zu können. Gerade Jemand, der beruflich sehr angespannt ist und immer Gas gibt, sollte sich ab und an mal kurz zurückziehen und in sich hineinhören. Ob nun mit der Vorstellung, von vielen klei- nen Wesen bevölkert zu sein oder einfach nur bewusst Atmen, was zur Entspannung beiträgt, ist das Richtige. cd HAMBURG WOMAN Redak- teurin Corinna Dreessen macht sich so ihre Gedanken über die Körpersprache. 16 HAMBURG WOMAN