MÜSSEN VERÄNDERUNGEN ANPASSEN

32 | ALSTERTAL MAGAZIN MAGAZIN WIR MÜSSEN UNS AN DIE VERÄNDERUNGEN ANPASSEN Alstertal Magazin: Das Wetter war auch in diesem Jahr wieder häufig Thema. Wie hast du es als Experte empfunden und wie privat? Frank Böttcher: Ich erlebe tatsächlich immer häufiger, dass ich gefragt werde, ob die vielen Extremwetterereignisse, die wir da draußen erle - ben, noch normal sind oder ob schon der Klimawandel seine Finger im Spiel hat. Viele sagen mir, dass sie sich nicht erinnern können, dass dieses oder jenes Wetter schon mal so schlimm gewesen ist. Oft ist das aber so. Je länger ein Wetterereignis jedoch zurück liegt, umso eher wird es vergessen. Nur ganz wenige wirklich große Ereignisse schaffen es, in unserem kollektiven Bewusstsein zu überdauern. Die Sturmflut 1962 und die Schneekatastrophe 1978/79 gehören dazu. Sogar der Tornado vom 7. Juni letzten Jahres beginnt schon zu verblassen. Und weil unsere Erinnerung uns gerne ein Schnippchen schlägt, ist es wichtig, dass wir uns die Aufzeichnungen genau anschauen. Das haben wir in den letzten Jahren verstärkt getan und wissen heute sehr genau, welche Wetterereignisse sich verändern und welche nicht. Kam es mir nur subjektiv so vor, oder war es wirklich eines der regenreichsten Jahre der letzten Zeit? Ja. Wer aus dem Sommerurlaub wieder kam stellte, anders als in vielen anderen Jahren zuvor fest, dass die Blumen in den Töpfen nicht vertrocknet waren, selbst die nicht, die man halb unter Terrasse vergessen hatte. Das Jahr 2017 hat Platz sieben der letzten 80 Jahre sicher. Je nachdem, wie viel Niederschlag im Dezember fällt, kann es noch sogar noch für einen Platz unter den ersten fünf Jahren reichen. Du bist Extremwetter-Experte: Was waren die drei nennenswertesten Extreme in diesem Jahr in Deutschland? Dazu zählt auf jeden Fall das Unwetter in Berlin am 29. Juni. Eine Frau ist beim Überqueren einer überfluteten Straße in einen Gully gefallen. Das zeigt, wie gefährlich es ist, durch trübes Wasser zu laufen. Orkan Sebastian wütete noch im Sommer. Dieser frühe Sturm ließ am 13.9. etliche Bäume umstürzen, obwohl der Sturm weniger stark war, als einer 10 Monate zuvor. Doch das Laub war noch an den Bäumen und der Boden nass vom Dauerregen. Und dann kam Sturm Xavier am 5. Oktober und hat die Bahnverbin - dungen nach Hamburg gekappt. Ich saß in Kassel fest und habe auf eigenes Risiko einen ganzen Reisebus gechartert, um nach Hamburg zu kommen. Mit 50 Personen war das wohl die größte Fahrgemeinschaft an dem Tag. Ich wollte nicht untätig in Kassel ausharren müssen. Du hast in einem unserer früheren Interviews gesagt (2012), man merkt nichts vom Klimawandel, weil das Meer die steigende Wärme bindet. Wenn es beginnt, sie abzugeben wird es kritisch. Weltweite Extreme Dürre oder Überschwemmungen werden immer heftiger. Hat es angefangen? Ganz genau. Und ich habe damals gesagt, dass sich das ändert wird, sobald wärmere Meeresströmungen an die Oberfläche kommen. Genau das ist auch 2016 mit dem El Niño-Ereignis passiert. So gab es zwischen 2014 und 2016 drei neue globale Temperaturrekorde. Das Klimasystem aus Luft und Ozean erwärmt sich unaufhörlich. Das ist wirklich besorgniserregend, was ich da beobachte und müssen uns an die Veränderungen anpassen. Prognosen sind bekanntermaßen schwer. Was erwartet uns grob gesagt im kommenden Jahr? Wir wissen, dass der Klimawandel Teil aller Wetterereignisse ist. Dieser Schub steckt in jeder Wolke, in jeder Windböe und in jeder Schneeflocke. Aber dieser Schub ist winzig gegenüber den großen Tagesschwankungen und Einzelereignissen. Man sieht ihn nur im Trend über viele Jahre und große Flächen. Die Kraft der natürlichen Schwankung ist so groß ist, dass es unmöglich ist, mit dem Effekt des Klimawandels das Wetter oder die Witterung für das nächste Jahr vorhersagen zu können. kw Der Saseler Frank Böttcher erklärt uns bei NDR aktuell und Hamburg1 das Wetter, ist Sachbuchautor, Extremwetterexperte mit eigenem Unternehmen und organisierte zum G20-Gipfel die Klimapressekonferenz ist also prädestiniert, zum Wetter befragt zu werden ... Findet schon seit längerem besorgniserregend, was er bezüglich des Klimawandels beobachtet, der Extremwetterexperte Frank Böttcher aus Sasel (wetterspiegel.de). B er to ld F a b ric iu s