einsam Gemeinsam Digitalisierung

ALSTERTAL MAGAZIN | 3 VON WOLFGANG E . B U S S KOLUMNE R o l f i n c k s t r a ß e 1 3 2 2 3 9 1 H a m b u r g - W e l l i n g s b ü t t e l w w w . w i l l e r . d e Gemeinsam einsam Viele Stimmen sagen, die Welt hätte sich noch nie so schnell gedreht wie derzeit. Grund: die Digitalisierung . Insbesondere die digitalen Medien verändern unser Verhalten auch im Alltäglichen. Jährlich treffen sich dazu in Aus- t in, Texas, fast 70.000 Nerds und Trendsetter, um sich beim SXSW ) über unsere Zukunft auszu- tauschen. Da schwadronieren dann sogenannte Keyspeaker über digita- le One-World-Phantasien, häufig mit dem Auftrag, uns abzulenken. Denn im Kern geht es nur darum, einige wenige Leute immer, immer reicher zu machen. Der Rest der Welt soll mit seinen Daten, Jobs und Werbegeldern die Party bezahlen . Bis heute schaffen sie es, dass wir noch immer ausgerechnet von soziale Netzwerken sprechen statt besser von asozialen Medien. Auf anderen wissenschaftlichen Ebenen, zum Beispiel der Psycho- logie , geht es inzwischen um andere Fragen: Macht uns die ganze Entwicklung etwa krank ? So wie in der Zigarettenindustrie, die ein paar Familien schwer reich machte, indem sie Qualmen als cool verkauften und Jahrzehnte verschwiegen, das Rauchen die Todesur- sache Nummer Eins ist. Nun stirbt keiner an Facebook oder Instagram, aber es macht etwas mit uns. Während meiner vielen Gespräche zum Thema höre ich von immer mehr Leuten, dass sie fast süchtig seien, sich darzustellen und ständig überlegen, welche Momente sie nutzen können (Urlaub, Events etc.), um andere User neidisch zu machen: Schau, mein Leben (siehe meine Posts) ist eine Abfolge von spektakulären Momenten und ich sehe immer gut aus. Fragt man nach dem Grund, hört man mithalten zu müssen: Nicht nur die anderen sind die tollen Typen oder stylischen Frauen, ich auch ! Früher nannte man so ein Verhalten schlicht An- geberei, heute heißt es posten . Viele bestätigten mir, sie hätten 500 Freunde auf Facebook, um diese neidisch zu machen, persönlich treffen wollten sie lieber gar keinen davon. Privat seien sie eher einsam . Doch zunehmend werden auch kritische Töne in den vormals gren- zenlosen Enthusiasmus eingespielt. Wie damals beim Rauchen: Nur wenige Mutige äußerten Kritik an vollen Aschbechern der Rest fand Humphrey Bogart supercool und holte sich seinen Lungenkrebs. Auch Facebook und Co. verlieren an Bewunderung Skepsis macht sich breit. Der aktuelle, fatale Börsenverlust von Facebook ließ so manchen aufhorchen. Wir Menschen sind soziale Wesen, brauchen Gemeinschaft , um glücklich zu sein. Die härteste Strafe unserer Rechtsordnung ist der Entzug von sozialen Kontakten: Knast, Einzelhaft ! Facebook ist Ein- zelhaft. Für 2 Milliarden Menschen. Und was macht das mit uns? Ein Kulturkampf ist entbrannt, über Fluch oder Segen des Smartphones. Denn darauf spielt sich alles ab. Gleich mehrere psychologische Studien der letzten Jahre attestieren den A-sozialen negativen Einfluss auf das Wohlbefinden regelmäßiger Nutzer. Kurz zusammengefasst: Je mehr Zeit ich auf Facebook oder Instagram verbringe, desto unglück- licher werde ich. Wenn wir die Formel umstellen, lautet sie: Facebook abstellen macht glücklich ! Auch wir in der Kommunikationsindustrie spüren die Veränderung. Marketer können gar nicht mehr schnell genug ihr Geld bei Zuckerberg abgeben , um unglückliche Menschen zu erreichen. Sie mögen und lesen die kritischen Studien nicht. Tut der Kioskbesitzer zum Thema Rauchen übrigens auch nicht. ) South by South West | Antworten: w.bussalster-net.de