kluger Politiker zeichnet

ALSTERTAL MAGAZIN | 25 MAGAZIN immer Paternoster gefahren und habe meinen Vater von der Arbeit abgeholt. Es ist ein bisschen eine Rückkehr zu den Ursprüngen. Mit der Finanzbehörde leiten Sie jetzt ein Schlüsselressort. Wo liegen für Sie die Herausforderungen? Zunächst einmal haben wir uns jetzt darum zu kümmern, dass mit dem Verkauf der HSH Nordbank eine massive Erblast des Hamburger Haushaltes abgearbeitet wird. Wir haben ein gutes Verhandlungsergebnis erzielt, jetzt müssen noch die Aufsichtsbe- hörden grünes Licht geben und auch die Bürgerschaft muss dem Vertrag zustimmen. Dazu kommt die Frage, wie wir das Wachstum unserer Stadt gestalten und finanzpolitisch absichern können. Dafür haben wir im Rahmen der Finanzgesetzgebung gerade eine Änderung auf den Weg gebracht, die es uns ermöglicht, das Wachs- tum der Stadt auch finan- ziell gestalten zu können, wenn es um das Mitwach- sen der Infrastruktur geht. Und natürlich spielt auch die Debatte um die Grund- steuer eine wichtige Rolle für uns. Hier wollen wir eine gerechte und leicht handhabbare Neuregelung erreichen, die Eigentümer und Mieter insgesamt nicht zusätzlich belastet. Sie sprechen die HSH Nordbank an. Mit dem bevorstehenden Verkauf werden Garantien in Hö- he von drei Milliarden Euro fällig. Wie gut kann dieser Brocken von der Stadt abgefedert werden? Es ist zweifellos eine richtig heftige Schluss- rechnung für die verant- wortungslose Politik, die zwischen 2003 und 2008 mit der Bank betrieben wurde. Wir haben zwar hohe Steuer- einnahmen, müssen aber trotzdem Kredite aufnehmen, um die gesamte Summe stemmen zu können. Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang allerdings auch, dass wir die HSH Nord- bank aufgrund der Gewährträgerhaftung, die damals bei etwa 65 Milliarden Euro lag, um jeden Preis über Wasser halten mussten. Wäre die Bank in dieser Zeit abgewickelt worden, hätten wir eine existenzbedrohende Lage für Hamburg und Schleswig-Holstein gehabt. Vor diesem Hintergrund tun die drei Milliarden Euro zwar weh sie hauen uns aber nicht um. Dass Thema HSH Nordbank ist damit jedenfalls ein für alle Mal beendet. Sie haben angekündigt, künftig einen hohen dreistelligen Millionenbetrag zusätzlich in Bildung, Forschung und Kinder- betreuung investieren zu wollen. Ihre Kritiker werfen Ihnen vor, lediglich Geschenke für den anstehenden Wahlkampf verteilen zu wollen. Die Stadt Hamburg wächst und mit ihr die Steuereinnahmen. Uns ist klar, dass strukturelles Wachstum auch Auswirkungen auf die Finanzpolitik haben muss. Aus diesem Grund erhöhen wir in verantwortbarer Weise mit einer Systemanpassung den Aus- gaberahmen. Das ermöglicht es uns, wichtige Zukunftsprojekte mit zu finanzieren. Würden wir das nicht tun, würden wir das Wachstum unserer Stadt gefährden. Dann gibt es hier zwar immer mehr Kinder, aber keine Plätze in den Kitas, an den Schulen und die Hochschulen wachsen nicht mit. Warum müssen wir überhaupt um jeden Preis wachsen? Wachstum wird nicht politisch verordnet, es findet aber statt. Und kluge Politik zeichnet sich eben dadurch aus, dass sie dieses Wachstum gestaltet und sich darum kümmert, dass alle etwas da- von haben und keiner auf der Strecke bleibt. Ich stelle in diesem Zusammenhang immer die Gegenfrage: Wollen wir mit Regionen in Deutschland tauschen, die schrumpfen? Wo ein Bürgermeister entscheiden muss, ob er die Schule, das Schwimmbad oder die Bücherhalle schließt? Da lebe ich lieber in einer Stadt, in der wir Wachstum gemeinsam gestalten können. Und genau das machen wir gerade. Müssen wir nicht aufpas- sen, dass wir in dieselbe negative Richtung ab- driften wie die Megacities Mexico City oder Tokio? Von solchen Megacities sind wir in Hamburg weit entfernt. Wir sind eine sehr grüne Stadt und im Vergleich zu anderen deutschen Städten relativ dünn besiedelt. Sämtliche Kenndaten sprechen da ei- ne deutliche Sprache, was sich auch nicht durch den zusätzlichen Wohnungsbau ändern wird. Wir werden eine grüne Stadt bleiben und entwickeln deshalb beispielsweise auch die Verkehrssysteme weiter. Wir bauen neue U- und S- Bahnlinien, weil klar ist, dass der Straßenraum nicht vermehrbar ist. Ich bin ins- gesamt der Überzeugung, dass ein vernünftig gesteuertes Wachstum zum Wohle sämtlicher Einwohner beiträgt. Kehren wir noch einmal zurück zu den Hamburger Finanzen: Die Bilanz des städtischen Kernhaushaltes liest sich blendend. Schuldenabbau trotz immer neuer Investitionen. Böse Zungen behaupten allerdings, der Senat würde neue Schulden lediglich an die städtischen Tochterfirmen auslagern, um kurzfristig seine Bilanz aufzubessern. Wir haben in der Tat einen zweigeteilten Haushalt in Hamburg. Auf der einen Seite gibt es den städtischen Kernhaushalt, für den die engen Vorgaben des Grundgesetzes gelten, die wir nicht nur einhalten, sondern sogar übererfüllen, indem wir seit 2014 Über- schüsse erwirtschaften. Gleichzeitig halten wir aber auch mehrere städtische Gesellschaften, die dafür sorgen, dass sich der Schulbau weiterentwickelt oder der Nahverkehr funktioniert. Dass hier die Schulden gestiegen sind, liegt einerseits an der bereits erwähnten Situation rund um die HSH Nordbank, andererseits aber auch am Rückkauf der Energienetze von Vattenfall und E.ON, worüber das Hamburger Volk selbst abgestimmt hat. Bevor es also heißt, dass sich die Stadt in gewissen Bereichen zu stark verschulden würde, sollte man erst einmal genauer hinschauen. Der Hamburger Finanzhaushalt profitiert von Steuereinnah- Erst seit wenigen Wochen im Amt und doch schon alle Hände voll zu tun. Der Verkauf der HSH Nordbank steht aktuell ganz oben auf Dressels (r.) Agenda. Ein kluger Politiker zeichnet sich dadurch aus, dass er Wachstum gestaltet Fortsetzung auf Seite 26